Peter Wanner M.A.        Inhalt:

Die ersten Nachrichten
Albrecht (I.) am markgräflichen Hof in Baden
Albrecht (I.) als pfälzischer Haushofmeister
Albrecht (I.) als königlicher Rat
Heinrich (II.) von Berwangen
Albrecht (II.) von Berwangen
Hans (Johann) von Berwangen
Die Spuren verlieren sich...
Quellen und Literatur

Die Herren von Berwangen - ein fast vergessenes Adelsgeschlecht aus dem Kraichgau
Im vergangenen Jahrzehnt stand die Geschichte des Kraichgauer Adels immer wieder im Blickpunkt des regionalhistorischen Interesses1, und dennoch fehlen neben den im Zentrum stehenden Geschlechtern der von Gemmingen, Helmstatt, Venningen, Bettendorf etc. einige Familien, die gleichfalls einige Aufmerksamkeit verdient hätten. Dazu gehören auch die Herren von Berwangen, die sich nach Berwangen, dem heutigen Ortsteil der Gemeinde Kirchardt, benannten. Obwohl schon Reinhart von Gemmingen die Familie Anfang des 16. Jahrhunderts in seiner Aufzählung des Kraichgauer Adels aufführt und auch die großen Wappen- und Adelsbücher Hinweise auf die Familie geben2, steht eine detaillierte Untersuchung ihrer Geschichte bis heute aus.3 1 Vgl. beispielsweise Rhein 1990, Mittelstraß 1991, Rehm/Krimm 1992.

2 Zu Reinhard von Gemmingen vgl. Hölder 1863, S. 222; Wappenbeschreibungen und genealogische Hinweise finden sich u.a. in Siebmacher 1772, Kneschke 1859 und Kindler von Knobloch 1893.

3 Sie kann auch an dieser Stelle nicht geleistet werden, und die Darstellungen in den beiden Kirchardter Heimatbüchern - Kirchardt, Berwangen, Bockschaft. Ein Heimatbuch. Redaktion Peter Wanner. Kirchardt 1991 und Berwangen, Bockschaft, Kirchardt. Ein 2. Heimatbuch. Kirchardt 1993 - bieten ebenfalls nur erste Erkenntnisse; dagegen könnte eine systematische Auswertung v.a. des unveröffentlichten Quellenmaterials weitere Lücken schließen.

Von verstreuten Quellen zur Familiengeschichte
Die Familie von Berwangen ist früh ausgestorben - mit Albrecht (IV.) von Berwangen geht ihre Geschichte noch vor 1542 zu Ende, wobei das Todesdatum des letzten adligen Berwangers offen bleiben muß. Dies mag mit ein Grund dafür sein, daß die Familie von der Geschichtsschreibung so stiefmütterlich behandelt wurde. Aber selbst die jüngere Ortsgeschichtsschreibung hat die Herren von Berwangen erst spät wahrgenommen - noch in den siebziger Jahren schrieb Gustav Neuwirth in der ersten Kirchardter Ortschronik: "Sie lebten und urkundeten mal linksrheinisch und mal rechtsrheinisch, sind aber nicht exakt faßbar. Wie Irrlichter tauchen die Herren von Berwangen auf und verschwinden wieder."4

Bei näherer Betrachtung formieren sich diese Irrlichter jedoch zu familiären Strukturen; einzelne Personen treten hervor, wobei innerhalb der Familie vor allem Leben und Karriere des königlichen Haushofmeisters Albrecht von Berwangen ins Auge fallen.

4 Gustav Neuwirth: Geschichte der Gemeinde Kirchardt und der Ortsteile Berwangen und Bockschaft. Kirchardt 1978, S. 296
Die ersten Nachrichten Seitenanfang
Ein Angehöriger der Familie von Berwangen wird erstmals im Jahr 1297 erwähnt, als Heinrich von Heilbronn, Landvogt zu Wimpfen, auf Anweisung König Rudolfs von Habsburg eine Reihe adliger Herren nach Wimpfen einbestellt, um sie zu einem Streit zwischen dem König und der Stadt um die Rechte an einem Wald zu befragen. Die Auswahl des Schiedsgerichts nahm nach dem Wortlaut der Urkunde der König selbst vor, und er benannte an zweiter Stelle nach Dieter den Ritther den alten von Helmstatt her morharten den Ritther von Berwangen (UB Hessen, Nr. 199).

Damit setzt die schriftliche Überlieferung zur Geschichte der Familie von Berwangen verhältnismäßig spät ein - Morhart wird Ende des 13. Jahrhunderts schon als Ritter bezeichnet; keiner seiner Vorfahren, die wohl schon über einige Generationen hinweg als Dienstleute (der Staufer? des Bischofs von Worms?) aufgestiegen sind in den niederen Adel, ist bekannt. Und leider kann auch darüber, in wessen Dienst der Familie der Aufstieg gelang, nur spekuliert werden. Möglicherweise befindet sich die Familie schon zu diesem Zeitpunkt im Besitz eines Teils - vielleicht sogar der Hälfte5 - des Dorfs Berwangen; allerdings fehlen hierzu urkundliche Belege.6

5 So Feigenbutz 1878, allerdings ohne Quellenbeleg.

6 Berwangen kam 793 als Schenkung an das Kloster Lorsch (CL Nr. 3522); das weitere Schicksal des Dorfs bleibt bis ins ausgehende Mittelalter unbekannt, als die Hälfte des Dorfs zuerst von den von Venningen und dann 1404 von den von Helmstatt erworben wird (Regg. PfGf. Nr. 4399 ff.; 3506). Diese Hälfte ist ein pfälzisches Lehen, während sich die andere Hälfte hundert Jahre später als Eigenbesitz ebenfalls in der Hand der Herren von Helmstatt befindet (vgl. v.a. GA Berwangen, B 196; Berwangen 1993, S. 20 ff.).

Auf weitere Angehörige der Familie von Berwangen - die verwandtschaftliche Zuordnung bleibt allerdings noch unklar - stoßen wir im Jahr 1325, als ein Werner von Berwangen Zehntanteile in Neckarmühlbach und in Zimmern, also in der weiteren Umgebung von Berwangen, an das Ritterstift Wimpfen verkauft.7 Dieser Werner von Berwangen wird dabei armiger - Edelknecht - genannt, wie sein ebenfalls in der Urkunde erwähnter Vater (Krieger 1898).

Im Jahr 1340, also 15 Jahre später, erscheint wiederum ein Werner von Berwangen, wohl identisch mit dem Werner des Jahres 1325 oder dessen Sohn. Auch dieser Werner wird als Edelknecht bezeichnet und tritt als Zeuge in einem Streit um das Dorf Michelfeld im Kraichgau auf (Regg. Katzenelnbogen, Nr. 882). Michelfeld befindet sich zu der Zeit im Besitz der Grafen von Katzenelnbogen, die im späten Mittelalter versuchen, ihren Herrschaftsbereich auch in den Kraichgau auszuweiten. Inwieweit im Fall von Michelfeld ein Dienstverhältnis zwischen dem Edelknecht Werner von Berwangen und dem mächtigen Grafen Wilhelm von Katzenelnbogen existiert, wird aus der Urkunde von 1340 jedoch nicht ersichtlich.

7 Allein die eindeutige regionale Zuordnung aller frühen Erwähnungen in den Kraichgau und damit zum heutigen Kirchardter Ortsteil Berwangen dürfte eigentlich ausreichen, auch die Familie von Berwangen diesem Ort zuzuordnen und nicht dem gleichnamigen Berwangen im Kreis Waldshut, wie das in der älteren Literatur immer wieder versucht wurde (vgl. Neuwirth 1978, S. 296 ff.).
Ein solches Dienstverhältnis wird erst eine Generation später deutlich - bei Heinrich (I.) von Berwangen, der 1377 im Gefolge der Markgrafen Bernhard und Rudolf von Baden bei einem Verkauf als Siegler auftritt. Viel mehr wissen wir allerdings nicht von Heinrich, der schon ein knappes Jahr später, am 26. Oktober 1378, stirbt; sein Grab befindet sich in der Klosterkirche in Bad Herrenalb und zeigt das Wappen der Familie, das seit 1900 auch als Gemeindewappen von Berwangen Verwendung fand.8

Wahrscheinlich ist der häufig genannte und wohl bedeutendste Vertreter der Familie, Albrecht (I.) von Berwangen, ein Sohn dieses Heinrich - der Sohn von Albrecht hieß wiederum Heinrich, und der ältere Heinrich ist 1378 gestorben, ein Jahr bevor Albrecht ein erstes Mal in den Quellen auftaucht; schließlich sind beide desselben Standes - Edelknechte und Dienstleute der Markgrafen von Baden.
8 Inschriften Calw, Nr. 42; das Wappen - ein mit drei Ringen belegter Schrägrechtsbalken - deutet zum einen eine Verwandtschaft mit den Herren von Neipperg an, deren Wappen ebenfalls drei Ringe zeigt und die schon 1280 einen Hof in Berwangen besitzen; zum anderen könnte der Schrägbalken als Hinweis auf das Dienstverhältnis mit den Markgrafen von Baden verstanden werden. Die Datierung scheint allerdings nicht ganz gesichert - die Grabplatte ist an der oberen rechten Ecke beschädigt, so daß statt "m° ccc°" auch "m°cccc°" gelesen werden könnte; so auch Inschriften Calw, Nr. 42, obgleich dort das Jahr widersprüchlicherweise dennoch mit 1378 statt 1478 angegeben wird. Das Jahr 1478 wäre zwar durchaus möglich - es würde sich dann wohl um das Grab von Heinrich (IV.) von Berwangen handeln, erwähnt 1467-1476; die getroffene Zuordnung zu 1378 und Heinrich (I.) ist jedoch wahrscheinlicher, sowohl aufgrund des Schriftbefundes als auch aufgrund der Tatsache, daß letzterer als Dienstmann der Markgrafen von Baden belegt ist (die Vogtei über das Kloster Herrenalb lag - allerdings im Streit mit Württemberg - bei Baden, und auch das Grabmal von Markgraf Bernhard I. († 1431) befindet sich in der Klosterkirche).
Albrecht (I.) am markgräflichen Hof in Baden Seitenanfang
Gerhard von Obirkeim czu santh Lenen geseßen hat verkauft Abrecht von Berwangen eim edelknecht einen hoff in deme dorffe zu Nypoltsheim gelegen, der von Adolff bischoff und sinem stiffte czu spire czu lehen ruret - diese kurze Notiz über ein Immobiliengeschäft ist die erste bekannte Nachricht über das Leben von Albrecht von Berwangen; er dürfte zu diesem Zeitpunkt etwa 25 Jahre alt gewesen sein (1379; Krieger 1898).9

Dabei muß einiges offen bleiben: Woher hat der junge Albrecht das Geld für den Kauf? Steht er zu jener Zeit vielleicht im Dienst des Bischofs von Speyer? War dieser Hof in Neibsheim schon identisch mit dem sloß Nyptzheim, das 1432 Albrechts Sohn Heinrich gehört und ein Lehen von marggrave Bernharten gewesen sein soll? Immerhin: als die Stadt Pforzheim im Jahr 1384 dem erwähnten Markgraf Bernhard I. von Baden huldigt, ist unter den Zeugen auch Albrecht von Berwangen, der damit eindeutig im Dienst des Markgrafen von Baden steht (Regg. MGf. Nr. 1378).

Seine Position im Gefolge des Markgrafen nimmt jedoch erst in den folgenden Jahren Gestalt an; als rund 30jähriger Edelknecht wird er sich im Jahr 1384 wohl noch als untergeordneter Beamter die ersten Sporen verdient haben.

Albrecht von Berwangen macht regelrecht Karriere. Dabei kommt ihm entgegen, daß die Fürstenhöfe mit zunehmender Souveränität ihre Verwaltung ausbauen; auch die Hofhaltung eines Territorialfürsten von untergeordneter Bedeutung bedurfte nun einer zentralen Führung. So war Markgraf Bernhard I. von Baden zu Beginn seiner Regierung kein großer Fürst - er musste die kleine Markgrafschaft noch mit seinem Vetter Markgraf Rudolf VII. teilen. Aber er richtet an seinem Hof ein neues Amt ein - das Amt des magister curiae, des Hofmeisters - und betraut damit als ersten Albrecht von Berwangen (1387; Regg. MGf. Nr. 1431). Der Hofmeister, der "gewissermaßen das Amt eines Haus- und Staatsministers in einer Person vereinigte" (Herkert 1910, S. 17), war für einige Zeit der wichtigste Hofbeamte, und es ist erstaunlich, Albrecht von Berwangen schon in relativ jungen Jahren - mit knapp über dreißig - in einer solchen Position anzutreffen.

Zu seinen Aufgaben zählt zu jener Zeit die Stellvertretung des Fürsten im Falle seiner Abwesenheit, er gehört dem badischen Mann- und Hofgericht an und führt dort teilweise den Vorsitz, wenn der Markgraf selbst nicht teilnimmt, und ist zuständig für die Vergabe von Lehen. Aber "in erster Linie ist der Hofmeister, was in seinem Namen liegt, Vorsitzender des landesherrlichen Haushaltes" (Herkert 1910, S. 21), also der Hofhaltung am markgräflichen Hof in Baden, dem heutigen Baden-Baden, das 1388 zur Stadt erhoben wird.
 
Albrecht von Berwangen bleibt nur wenige Jahre Hofmeister - übrigens trat sein Sohn Heinrich eine Generation später in die Fußstapfen des Vaters, als er von 1422 bis 1425 gleichfalls unter Bernhard I. badischer Haushofmeister wurde. Fünf Jahre nach der Erhebung von Baden zur Stadt scheint Albrecht von Berwangen eine neue Aufgabe übernommen zu haben: er siegelt einen Brief aus dem Jahr 1393 als "oberster Amtmann zu Baden" (Regg. MGf. Nr. 4486); von 1395 an wird er als Vogt zu Baden erwähnt (Regg. MGf. Nr. 1636).
 
Daß damit ein Aufstieg verbunden war, ergibt sich aus den Zeugenreihen einiger Urkunden - der Name Albrechts von Berwangen steht als Vogt von Baden vor dem seines Nachfolgers im Hofmeisteramt, Georg von Bach. Die neue Aufgabe hatte weit mehr politische Dimensionen als die alte: Albrecht regierte im Namen des Markgrafen die "Hauptstadt" der Markgrafschaft und übernahm daneben immer wieder diplomatische Missionen. So schickt ihn Markgraf Bernhard im Jahr 1396 in die Reichsstadt Straßburg "wegen etlicher Sachen, die er ihnen nicht wohl schreiben könne" - weshalb wir leider auch nicht wissen, was für "Sachen" das gewesen sind (Regg. MGf. Nr. 1702)
  
Die steile Karriere Albrechts von Berwangen ist damit noch lange nicht zu Ende - allerdings konnte er am kleinen badischen Hof nicht höher steigen. Er musste Markgraf Bernhard verlassen, um bei einem bedeutenderen Herren neue Aufgaben zu finden. Und da lag der Hof des Kurfürsten und Pfalzgrafen bei Rhein in Heidelberg sicherlich am nächsten.
9 Das damit angenommene Geburtsjahr 1353 passt zu allen bekannten biographischen Daten Albrechts von Berwangen: in jungen Jahren - erstmals erwähnt mit 26 Jahren - armiger, im Alter von 31 im Dienst des Markgrafen Bernhard (I.) von Baden; zunehmend Übernahme von Verwaltungsaufgaben: mit 33 Jahren badischer Hofmeister, mit 42 Jahren Vogt von Baden, mit 45 Jahren pfälzischer Hofmeister, mit 47 Jahren königlicher Hofmeister, mit 50 Jahren Burgmann und königlicher Rat. Als Albrecht 57 Jahre alt ist, stirbt König Ruprecht; er selbst wird 60 Jahre alt.
Albrecht (I.) als pfälzischer Haushofmeister und königlicher Rat Seitenanfang
Nach dem Tod des Pfalzgrafen Ruprecht II. begannen am 10. Januar 1398 die Beamten der Heidelberger Hofkanzlei damit, die Bestätigungen der Lehensübertragung auch durch den neuen Lehensherrn - Ruprechts gleichnamigen Sohn - zu protokollieren. Dadurch versicherte sich der neue Lehensherr von Beginn seiner Regierung an der Gefolgschaft seiner Lehensleute. Und als einer der ersten Lehensleute empfängt schon am nächsten Tag Albrecht von Berwangen von Pfalzgraf Ruprecht III. einen Hof zu Berwangen, genannt der von Buttingen Hof, zu rechtem Mannlehen (Regg. PfGf. II Nr. 6634).
 
Die Urkunde nennt allerdings weder Titel noch Funktion des pfälzischen Lehensmannes, so daß die Annahme, Albrecht habe schon 1398 den Arbeitgeber gewechselt, letztlich nicht bewiesen werden kann - es bleibt unklar, ob dieses Lehen eine Einstandsgabe für Albrecht von Berwangen darstellte, oder gar erteilt wurde, um ihn zum Wechsel nach Heidelberg zu veranlassen, oder ob es sich schon vorher in der Hand der Familie von Berwangen befunden hat. Auch in der erstmaligen Zusammenstellung der pfälzischen Lehen zu einem Lehensbuch im Jahr 1401 erscheint Albrecht von Berwangen noch ohne Amtsbezeichnung (vgl. Spieß 1981, Nr. 349); allerdings nennt ihn schon eine Urkunde von 1399 "herzoglicher Haushofmeister zu Heidelberg" (Mittelstraß 1991, S. 150 f.).
  
Inzwischen haben einige der Kurfürsten auf Initiative der Erzbischöfe von Köln und Mainz - neben dem Pfalzgrafen Ruprecht noch der Erzbischof von Trier und Rudolf von Sachsen - im August 1400 König Wenzel (genannt der Faule) abgesetzt und Pfalzgraf Ruprecht zum Nachfolger auf dem Königsthron gewählt. Damit wurde der pfälzische Hof für zehn Jahre zum Königshof, und der Hofmeister Albrecht von Berwangen zum königlichen Hofmeister - eine Aufgabe, die kaum zu vergleichen war mit der bescheidenen Hofhaltung im Städtchen Baden.
 
Der königliche Haushalt umfasste nach einer Bemerkung des zeitgenössischen Chronisten Reinbold Slecht aus Straßburg "Herzog Ludwig, den Sohn des Königs, mit seiner Gattin, der englischen Königstochter (Blanca von England), Herzog Johannes (von Pfalz-Neumarkt), seinen Bruder, mit seiner Gattin, der schwedischen Königstochter (Katharina von Pommern), (Margarethe), die Gattin des Herrn Herzogs von Lothringen, Tochter des Königs, zwei weitere Söhne, Stephan (von Pfalz-Simmern-Zweibrücken) und Otto (I. von Pfalz-Mosbach). (...) Die Königin hatte zudem 12 Zofen bei sich, unter denen immer drei Gräfinnen waren, und unter den übrigen viele Adlige. Und der König hielt in jedem Jahr seines Lebens festgesetzte Feierlichkeiten ab, bei denen täglich 600 herrschaftliche Gäste (personas domesticas) im (Heidelberger) Schloß versorgt wurden." (Fester 1894, S. 100)

Schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts hatte es am pfälzischen Hof nebeneinander zwei Hofmeister gegeben: der Land- oder Großhofmeister übernahm die eher politische Komponente des Amtes - Stellvertretung des Fürsten, Richterfunktionen, Zuständigkeit für das Lehenswesen -, während der Haushofmeister - von geringerem Rang - der Hofhaltung im engeren Sinn vorstand.10 Dennoch zählt der Haushofmeister neben dem Großhofmeister, dem Reichshofrichter, dem Hofmarschall und dem Kammermeister sowie den Räten des Königs zu den führenden Hofbeamten; alle vier Haushofmeister Ruprechts wurden auch mehrfach als königliche Räte bezeichnet.
 
Albrecht von Berwangen erscheint in den Urkunden ebenfalls nicht nur als königlicher Hofmeister, sondern übernimmt auch Aufgaben außerhalb der Hofhaltung; in späteren Jahren wird er sogar als Gesandter des Königs erwähnt. Zu Beginn seiner Amtszeit als Hofmeister wird Albrecht jedoch vor allem im Bereich des Hofes in Heidelberg tätig gewesen zu sein, auch als König Ruprecht zwischen September 1401 und April 1402 mit einem großen Teil des Hofes - und in Begleitung von Königin Elisabeth, obgleich es sich um einen Kriegszug handelte - in Italien weilte. Ruprecht wurde von Pfalzgraf Ludwig, seinem Sohn, vertreten, und Albrecht von Berwangen trat unter anderem als Mitglied des Hofgerichts auf.
 
Nach der Rückkehr des Königs häufen sich Aufgaben im "Außendienst" - Albrecht von Berwangen wird im August 1402 als Mitglied einer kleinen Gesandtschaft damit beauftragt, bei allen Amtleuten, Zollschreibern und Landschreibern in den Landen "umb den Rin" eine Rechnungsprüfung vorzunehmen (Regg. PfGf. II Nr. 2468); er soll auf Martini desselben Jahres in den Reichsstädten Heilbronn und Wimpfen die Reichssteuer eintreiben (UB Heilbronn Nr. 394) und ist schließlich Anfang Dezember 1402 in Straßburg, wo er um die Haltung der Stadt zur Einnahme Luxemburgs durch den Herzog von Orléans verhandelt (Regg. MGf. Nr. 2069).
 
Offensichtlich hat sich der Hofmeister bei diesen Missionen bewährt; der inzwischen etwa 50jährige Albrecht von Berwangen steht vor dem letzten Abschnitt seiner Karriere: dem Aufstieg in den Rat des Königs.
10 Vgl. hierzu Moraw 1968, Moraw 1969 und Seeliger 1885.
Albrecht (I.) als königlicher Rat Seitenanfang
Der Rat König Ruprechts "war das Zentrum von Regierung und Verwaltung", seine Zuständigkeit "praktisch unbegrenzt" (Moraw 1968, 83). Eine Mitgliedschaft in diesem inneren Zirkel der Macht bedeutete großen Einfluß auf die Politik des Königs und des Reiches, auch wenn diese Mitgliedschaft nicht konstant war, sondern sich je nach aktueller Stellung, Anwesenheit und Thema richtete.
 
Albrecht von Berwangen wird im März 1403 bei einem Aufenthalt des Hofes in der Reichsstadt Nürnberg zum letzten Mal als Hofmeister und zum ersten Mal als Rat bezeichnet; er gehört dabei zu einem Kreis von Räten, die dem König Geld geliehen haben, damit er eine Reise seines Kanzlers Raban von Helmstatt, Bischof von Speyer, zu Papst Bonifaz IX. nach Rom finanzieren konnte (Regg. PfGf. II Nr. 2854). Knapp drei Monate später wird Albrecht von Berwangen die Burghut auf dem Steinsberg bei Sinsheim übertragen - ein gut dotiertes Ehrenamt, denn er wird auch weiterhin die meiste Zeit am Heidelberger Hof oder auf Reisen verbracht haben (Regg. PfGf. II Nr. 2979).
 
In dieser Zeit wird auch erstmals von den privaten Verhältnissen des Albrecht von Berwangen berichtet (Krieger 1898): er ist mit Elsbet von Sternenfels verheiratet und hat einen Sohn Heinrich, der um 1390 geboren sein könnte, da er 1416 als Mitglied im badischen Hofrat und im Manngericht des Markgrafen erscheint - vielleicht im Alter von etwa 25 Jahren, wobei er am Beginn einer ähnlichen Karriere wie sein Vater steht (Regg. MGf. Nr. 2936, 2939).
  
In den letzten Jahren des Lebens von Albrecht von Berwangen tritt neben verschiedenen Aufgaben in Verwaltung und Rechtsprechung vor allem eine Mission in den Vordergrund, die ihn auf seine wohl größten Reisen führte. Schon vor dem Italienzug König Ruprechts im Jahr 1401 hatte jener seine Tochter Else - damals ein Kind von sechs Jahren - dem Herzog Friedrich IV. von Österreich versprochen, der ihn dafür mit etwa 5000 Mann auf dem Kriegszug unterstützen sollte. Der Habsburger Friedrich ließ sich den Zuzug überdies noch bezahlen, und nachdem das königliche Heer vor Brescia eine Niederlage gegen das Mailänder Aufgebot erlitten hatte, verließ Leopold, der Bruder Friedrichs, mitsamt seinen Truppen den König.
 
Vier Jahre später wurde dennoch erneut um diese Heirat verhandelt, und der König sandte eine kleine Delegation nach Wildberg, wo sie mit österreichischen Abgesandten zusammentreffen sollte. Als Termin war der 10. Mai 1405 vereinbart worden, und neben Albrecht von Berwangen vertraten Johann Kämmerer von Talburg, Wiprecht von Helmstatt, Hans von Venningen und der berühmte Magister Job Vener die Interessen des Königs (Regg. PfGf. II Nr. 3981).

Über den Ausgang dieses Termins ist nichts bekannt, aber Albrecht von Berwangen scheint sich dabei wieder einmal bewährt zu haben - er wird ein Jahr später direkt zu Herzog Friedrich von Österreich nach Arbon an den Bodensee gesandt, wo er mit zwei weiteren Räten im Konflikt zwischen dem Habsburger auf der einen und der Stadt Sankt Gallen und den Appenzellern auf der anderen Seite vermittelt (Regg. PfGf. II Nr. 6800). Und im selben Jahr findet die Hochzeit zwischen Herzog Friedrich und Prinzessin Else tatsächlich statt - die Braut ist nun 12 Jahre alt. Ob Albrecht von Berwangen an der Organisation dieser in Heidelberg groß begangenen Hochzeit beteiligt war, ist den Quellen allerdings nicht zu entnehmen.11
  
Überhaupt fließen die Nachrichten über Albrecht nun etwas spärlicher; erst drei Jahre später - 1409 - hören wir ein weiteres Mal von ihm, als König Ruprecht die Burghut auf dem Steinsberg an den Landgrafen von Luchtenberge versetzt. Albrecht von Berwangen wird als Entschädigung für die dadurch entfallenden Einnahmen zum Burgmann zu Bretheim (Bretten) angenommen, wo er jährlich 20 fl. gelts erhält (Regg. PfGf. II Nr. 5652).
11 Über die Hochzeit berichtet der Chronist Reinbold Slecht in seinen Flores temporum: "dux Fridericus Austrie sponsus fuit cum filia regis dominica ante Martini anno domini 1406 Heydelberge. Magnum ibi habuerunt festum et curiam in hastiludendo et torneamento etc." (Fester 1894, S. 98). Der Ehe der Königstochter mit dem Herzog war allerdings kein langes Glück beschieden: schon drei Jahre später stirbt die inzwischen 15jährige Ehefrau (Fester 1898, S. 124).
Es ist nicht bekannt, weshalb weitere Nachrichten über Albrecht von Berwangen fehlen. Spekulationen könnten vom wohlverdienten Ruhestand des mittlerweile vermutlich fast Sechzigjährigen über ein mögliches Zerwürfnis mit König Ruprecht - der allerdings im Jahr 1410 stirbt - bis hin zur mangelnden Überlieferung reichen. Zumindest nach Ruprechts Tod dürfte die politische Laufbahn Albrechts jedoch beendet gewesen sein. Es gibt nur noch eine nicht durch Urkunden zu bestätigende Nachricht von seinem Tod: er soll am 19. April des Jahres 1413 "bei dem Spitale für Aussätzige nahe bei Reichstett auf Befehl des Grafen Philipp von Hanau mit Pfeilen erschossen und in der Dominikanerkirche in Straßburg beigesetzt" worden sein (Kindler von Knobloch 1893, S. 64).12 12 Leider gibt Kindler von Knobloch keine Quelle an. Die Dominikanerkirche in Straßburg (heute Temple Neuf) wurde 1870 im deutsch-französischen Krieg zerstört; Teile der Ausstattung, v.a. mehrere Grabmäler, gelangten in das Straßburger Musée de l'Oeuvre Nôtre-Dame - leider befindet sich das Grabmal Albrechts nach Auskunft der Museumsleitung heute nicht mehr darunter.
Heinrich (II.) von Berwangen (um 1375–um 1450) Seitenanfang
In der weiteren Familiengeschichte zeigt sich, daß die folgenden Generationen wohl vom Aufstieg Albrechts (I.) von Berwangen bis in die Umgebung des Königs profitiert haben. So beginnt beispielsweise sein Sohn Heinrich (II.) von Berwangen seine Laufbahn ebenfalls beim Markgrafen von Baden, wo er zuerst Mitglied im badischen Manngericht ist (1416 - 1422).13
 
Aus einem Güterverkauf des Jahres 1421 lässt sich möglicherweise schließen, daß Heinrich in Pforzheim wohnt - in einem Haus am Marktplatz.14 So wird er auch schließlich badischer Vogt in Pforzheim (1426 - 1431)15, allerdings erst, nachdem er drei Jahre als Hofmeister des Markgrafen gedient hat (1422 - 1425)16.
 
Danach ist Heinrich im Dienst des pfälzischen Kurfürsten zu finden (1435 - 1438 im Rat von Pfalzgraf Ludwig)17. Allerdings bleibt das für ihn nur Zwischenspiel, da er schon im folgenden Jahr als Abgesandter des Markgrafen Jakob von Baden in einem Streit zwischen der Stadt Heilbronn und den Herren von Neipperg schlichtet (1439; UB Heilbronn Nr. 598).18

Die Bedeutung von Albrecht (I.) und Heinrich (II.) von Berwangen für die Geschichte der Familie zeigt sich auch darin, dass aus dem von Albrecht im Jahr 1379 erworbenen Hof in Neibsheim bis 1432 ein umfangreiches Besitztum geworden ist - bei der Verleihung des Lehens an Heinrich (II.) von Berwangen durch Markgraf Jakob von Baden ist die Rede vom sloß Nyptzheim, als wytter und breite die graben begriffen sind, als syn vatter selige (also Albrecht von Berwangen) von marggrave Bernharten seliger gedechtnisse zu lehen gehabt hat (Krieger 1898).
 
Albrecht von Berwangen und sein Sohn Heinrich haben ihre erfolgreichen Laufbahnen also auch zur Erweiterung des Familienbesitzes genutzt. Heinrich (II). von Berwangen hatte mindestens drei Kinder - 1451 wird Adelheid als seine und seiner Frau Else Trigelin Tochter bezeichnet, im selben Jahr auch Albrecht und Heinrich der junger sine sone (Krieger 1898).

Aber 1424 wird neben Albrecht und Heinrich von Berwangen bei einem badischen Kriegszug gegen den Pfalzgrafen bei Rhein auch noch ein Claus von Berwangen erwähnt, so daß möglicherweise auch dieser zu den Kindern Heinrichs zu zählen ist (Regg. MGf. Nr. 3676).

Heinrich von Berwangen der elder, wie er nun zur Unterscheidung zu seinem gleichnamigen Sohn genannt wird, stirbt wohl nur wenig nach 1451 im Alter von etwa 70 Jahren.
13 Regg. MGf. Nr. 2892, 2936, 2939, 2945, 3016, 3017, 3068, 3249, 3267

14 Markgraf Bernhard von Baden verkauft am 25. Oktober 1421 seinem Münzmeister in Pforzheim Jakob Proglin und dessen Ehefrau Anna für 550 Rhein. Gulden seine Eigengüter in und bei Pforzheim, die Heinrich von Berwangen von ihm zu Lehen gehabt hat, ausgenommen Haus und Scheuer an dem Markt zu Pforzheim (Regg. Mgf. Nr. 3329).

15 Regg. MGf. 3900, 4022, 4056, 4058, 4108, 4139, 5084, 5116, 5122 - 5125

16 Regg. MGf. 3390, 3410f., 3468, 3493ff., 3526, 3597, 3639, 3676, 3748, 3792f., 3802, 3862

17 UB Mosbach Nr. 327; Aschbach 1843, Nr. 173

18 Dieses Zwischenspiel am Pfälzer Hof könnte mit dem Tod von Markgraf Bernhard (I.) im Jahr 1431 zusammenhängen - in diesem Jahr wird Heinrich von Berwangen zum letzten Mal im badischen Dienst genannt; erst acht Jahre später steht er dann wieder im Dienst der Markgrafen von Baden - bei Jakob (I.).

Albrecht II. von Berwangen (um 1400–1464) Seitenanfang
Unter den Kindern von Heinrich von Berwangen ist nur Albrecht (II.) von Berwangen hervorgetreten – dem Namen nach zu urteilen könnte er der älteste Sohn gewesen sein, geboren vielleicht um 1400. In jungen Jahren nimmt er mit seinen Brüdern an einem Kriegszug des Markgrafen von Baden gegen die Stadt Freiburg und ihre Verbündeten, darunter auch der Pfalzgraf bei Rhein, im Jahr 1424 teil – Ausdruck der im 15. Jahrhundert immer wieder militärisch ausgetragenen Herrschaftskonkurrenz zwischen Baden und der Pfalz, aber auch zwischen den Städten und den Fürsten (Regg. MGf. Nr. 3676).
 
Albrecht (II.) von Berwangen scheint eher eine militärische Laufbahn eingeschlagen zu haben; so wird von ihm in einer weiteren Quelle berichtet, daß er im Jahr 1438 in einer Fehde zwischen der Stadt Heilbronn und Eberhard von Venningen auf der Seite der Heilbronner stand und in den Kampf eingegriffen hat.
  
Im Zuge eines solchen Konflikts wurde häufig die Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen, da es einem kleinen Herren wie dem Eberhard von Venningen kaum möglich war, die mächtige und reiche Stadt Heilbronn auf andere Weise zu treffen. So wurden im Zuge dieser Fehde die Heilbronner Dörfer Böckingen und Frankenbach verbrannt, der Schultheiß Hans Schellenberg erstochen, Kindbetterinnen und Kranke aus den Betten geworfen, so daß sie im Feld starben, Bauern gefangen genommen und nur gegen Lösegeld wieder freigelassen (UB Heilbronn Nr. 589). In die Kämpfe vor den Toren der Stadt war auch Albrecht von Berwangen verwickelt: Burckart Sturmfeder sluge Abrecht von Berwangen einem fasse mit win den boden uss by dem sonnenbrunnen und zerstache im auch ein bethe das die federn hinwegflugen.

Im Gegenzug zogen die Heilbronner vor die Burg Steineck19, erbeuteten viel Vieh und nahmen dann Hans von Stein zu Steineck und Kunz von Reinhardsweiler gefangen. Auch bei diesem Zug war Albrecht von Berwangen dabei: Abrecht von Berwangen leite sich vor Stzeinecke, er schuf aber gar nichtz und verzerten (er und seine Gesellen) wol mere denn 30 gulden, kommentiert die Quelle.
 
Diese Art von Konflikt und Kriegsführung kann beispielhaft für die vielen Fehden im 15. Jahrhundert stehen; die Herren – ob Adel, Städte, Klöster – versuchten ihre Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen, da übergeordnete Rechtsinstanzen fehlten oder ohne Mittel zur Durchsetzung blieben. Leidtragende war bei dieser Art von Politik letztlich die ländliche Bevölkerung, deren Lebensgrundlagen durch die Fehden in Mitleidenschaft gezogen wurden.
  
Nach dieser Fehde erscheint Albrecht von Berwangen ebenso wie sein Vater und sein Großvater als leitender "Beamter", zuerst wiederum des Markgrafen von Baden, für den er 1439 mehrere Kundschaftsbriefe in einem Prozeß zwischen Heilbronn und den Neippergern siegelt (in dem sein Vater als Schiedsrichter eingesetzt ist; UB Heilbronn Nr. 598 a), sowie als badischer Amtmann zu Trarbach (FUB 6, Nr. 149-13).
19 Wohl Steinegg, heute Ortsteil von Neuhausen im Enzkreis.
Etwa ein Jahrzehnt später – zwischen 1454 und 1460 – ist er dann am Hof des Kurfürsten von der Pfalz in Heidelberg zu finden, wo er die Position des Marschall bekleidet, übrigens neben dem Hofmeister Eberhard von Venningen, mit dem er 1438 noch in Fehde gelegen hatte.20
 
Die Speyerische Chronik berichtet über ihn aus dem Krieg zwischen der Pfalz und Württemberg im Jahr 1460: Bei einem Zug ins Württembergische stießen etwa 300 pfälzische Reiter und ein Kontingent aus Heilbronn und Wimpfen auf etwa 600 württembergische Reiter in zwei Haufen. Zuerst stellte sich nur ein württembergischer Haufen, und die Pfälzer behielten die Oberhand. In dem kam der ander gezueg wol mit dryn hundert pferten, und da daz dez hertzogen marschalg ersach, waz einer von Berwangen, und Hans Hornick, da zugen sie abe wol mit 60 pferden (Mone 1848, Bd. I, S. 442).
 
Begraben liegt Albrecht (II.) in der Stiftskirche in Baden-Baden; sein Grabmal trug vermutlich die Inschrift "Anno Dmi MCCCCLXIII die XXV Augustii obiit Illustris de Berwangen. anno Dmi MCCCCLXXV ... quorum animae requiescant in pace. Amen" (Lacroix et al. 1942), die heute nur noch zum Teil zu entziffern ist (vgl. Kiehnle 1993, S. 174 f.).
 
Mehr Nachrichten liegen über Albrecht (II.) von Berwangen nicht vor; möglicherweise ist Heinrich (III.) von Berwangen, der 1467 mit Margarethe von Sickingen verheiratet ist (ZGO 2 (1857), S. 252) und 1476 auf dem Familiengut derer von Berwangen in Neibsheim sitzt und vom kaiserlichen Hofgericht geächtet wird (UB Heilbronn Nr. 1140 o), sein Sohn, wofür der Name und das Auftauchen eines weiteren Albrecht (III.) von Berwangen an der Wende zum 16. Jahrhundert sprechen könnten.
20 Regg. Katzenelnbogen Nr. 4880, 5106; Mone 1848, Bd. I, S. 442; die nicht belegte Angabe, Albrecht sei 1457 badischer Vogt in Pforzheim gewesen (Kindler von Knobloch 1893, S. 64), erscheint in diesem Zusammenhang unglaubwürdig.
Hans (Johann) von Berwangen Seitenanfang
Die "Glanzzeit" der Herren von Berwangen – als sie hohe und höchste Ämter an den Höfen in Baden und in Heidelberg inne hatten – ist nun vorüber, und lediglich ein Vertreter der Familie bleibt noch zu erwähnen: Johann (oder Hans) von Berwangen erscheint erstmals im Jahr 1474 als Student in Basel und ist damit vermutlich der erste des Geschlechts mit akademischer Bildung (Kindler von Knobloch 1893, S. 64).21
  
Er könnte ein weiterer Sohn von Albrecht (II.) sein, was allerdings nicht belegt werden kann. Im Jahr 1480 steht Hans von Berwangen im Dienst des Markgrafen von Baden und nimmt an einer bemerkenswerten Mission teil (Regg. Katzenelnbogen Nr. 6063): Der Markgraf Christoph von Baden hatte dem Fürstabt Martin des Klosters Gottesau (Bistum Speyer) den Auftrag gegeben, dem Landgrafen Heinrich von Hessen eine kaiserliche Zitation (Vorladung) zuzustellen. Abt Martin kommt am 4. August mit seinem Gefolge, in dem sich auch Hans von Berwangen befindet, nach Marburg in die Residenz des Landgrafen von Hessen. Der Landgraf Heinrich wird von der badischen Delegation jedoch nicht angetroffen, so daß Abt Martin den Hofmeister des Landgrafen, Hans von Dörnberg, durch Hans von Berwangen aufhalten lässt, als dieser die Elisabethkirche verlässt. Hans von Dörnberg verweigert jedoch die Annahme der Urkunde: er habe das Hofmeisteramt seit einiger Zeit kaum noch ausüben können, da seine Frau krank sei, und außerdem habe er keinen Befehl, eine Urkunde anzunehmen. Abt Martin solle sie in der Kanzlei des Landgrafen abgeben.
 
In der Kanzlei traf Abt Martin mit seinem Gefolge jedoch niemanden an und ließ deshalb einen Knecht nach dem Kanzler des Landgrafen schicken, der auch erschien. Hans von Berwangen versuchte nun, im Auftrag von Abt Martin den Kanzler zur Annahme der Urkunde zu bewegen. Aber auch der Kanzler verweigerte die Annahme der Urkunde mit dem Hinweis, er käme gerade vom Landgraf und der Landgraf habe diesbezüglich keine Anweisungen erteilt. Als der Abt daraufhin erklärte, er müsse im Falle einer weiteren Weigerung die Urkunde an die Kanzleitür stecken, sagte der Kanzler, er möge dies tun, und verließ den Raum. Daraufhin steckte der Abt Martin die Urkunde innerhalb der Kanzlei an die Tür zur Schreibstube und gab seinem mitgebrachten Notar die Anweisung, den Vorgang festzuhalten und zu besiegeln – womit die kaiserliche Zitation als zugestellt betrachtet werden konnte.
  
Zwei Jahre später – 1482 – erscheint Hans von Berwangen dann als Vogt zu Neu-Eberstein unter den Räten von Markgraf Christoph von Baden (Regg. Katzenelnbogen Nr. 6069), 1489 heißt er nobilis. Johann von Berwangen und ist mit Anna eius uxor ex comitibus de Tengen ("seine Ehefrau aus der Grafschaft Tengen") verheiratet (Krieger 1898), und um 1490 stand er als Landvogt zu Hachberg und Prinzenhofmeister von Jakob von Baden, dem Sohn Markgraf Christophs I., in badischen Diensten (Herkert 1910, S. 21) – die Ausübung des Hofmeisteramts scheint zur Familientradition geworden.
21 Ob der in den Matrikeln der Universität Heidelberg schon 1454 genannte Jeronimus Berwanger de Augusta zur Adelsfamilie von Berwangen gehört scheint ebenso unsicher wie die weiteren Heidelberger Studenten Ludwicus de Berwanger dioc. Spirensis (1472), Johannes Fensz de Berwingen (der Beiname Fensz könnte als venzelîn, Bastard, gedeutet werden), Johannes Moliatoris de Berbangen und Leonhardus de Werbangen (alle 1474; Toepke 1884, S. 279, 338, 344)
Die Spuren verlieren sich... Seitenanfang
Die letzten nachzuweisenden Vertreter der Herren von Berwangen finden sich teilweise etwas außerhalb der Region – so ist ein weiterer Albrecht (III.) von Berwangen (ein Sohn Heinrichs (III.) von Berwangen?) im Jahr 1497 Schultheiß zu Gengenbach (Ortenaukreis; Kindler von Knobloch 1893, S. 64), steht 1504 im pfälzischen Erbfolgekrieg in pfälzischen Diensten (Weech 1874, S. 231) und ist möglicherweise identisch mit Albertus senior von Berwangen, der 1522 Bürger zu Straßburg wird.
  
Dessen Kinder heiraten teilweise in adlige, teilweise in bürgerliche Familien: Anna von Berwangen den Edelknecht Johann von Dalheim, Apollonia von Berwangen in erster Ehe den Hans Zuckmantel von Kuerenberg und in zweiter Ehe den Doktor der Medizin Domenicus Burgower; über eine Ehe des Sohnes Albert (IV.) von Berwangen ist nichts bekannt.22
 
Ebenso ist unbekannt, was aus den Besitzungen der Familie geworden ist; die Spuren der adligen Familie von Berwangen verlieren sich mit einem nicht exakt zu datierenden Eintrag im Lehensbuch des Kurfürsten Ludwig V. von der Pfalz (Weech 1886, S. 17): Der vor 1542 festgehaltene Lehensrevers von Albrecht (IV.?) von Berwangen ist – soweit bisher bekannt – der letzte schriftliche Nachweis eines männlichen Mitglieds der Familie von Berwangen. Nach fast 300 Jahren verschwindet ihr Name aus den Quellen.
22 Kindler von Knobloch (1893, S. 64) erwähnt noch für das 17. Jahrhundert eine Angehörige der Familie von Berwangen - Maria von Berwangen. Inwieweit die Familie tatsächlich über den Anfang des 16. Jahrhunderts hinaus existierte, müsste gesondert nachgeprüft werden.  
Quellen und Literatur

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Feigenbutz, Leopold: Der Kraichgau und seine Orte. Eine geschichtliche Abhandlung, verbunden mit der 2ten Auflage Samuel Friedrich Sauters alten Nachrichten von Flehingen. Bretten 1878

Fester, Richard: Die Fortsetzung der Flores temporum von Reinbold Slecht, Cantor von Jung Sankt Peter in Strassburg, 1366-1444. In: ZGO 48 N.F. 9 (1894), S.79-145

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Herkert, Otto: Das landesherrliche Beamtentum der Markgrafschaft Baden im Mittelalter. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg 26 (1910), S. 1 - 120

Hölder, Ludwig: Aus dem handschriftlichen Nachlaß des Historiographen Reinhard von Gemmingen. In: Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde (1863), S. 221 - 228

Inschriften Calw = Die Inschriften des Landkreises Calw. Hrsg. v. Renate Neumüller-Klauser. Wiesbaden 1992 (= Die deutschen Inschriften, Bd. 30)

Kiehnle, Edmund: Berwangen und Bockschaft - zwei Kraichgaudörfer in ihrem baugeschichtlichen Erscheinungsbild. In: Berwangen 1993, S. 173 - 197 und 236 - 253

Kindler von Knobloch, Julius: Oberbadisches Geschlechterbuch. 3 Bde. 1893 - 1919

Kirchardt, Berwangen, Bockschaft. Ein Heimatbuch. Redaktion Peter Wanner. Kirchardt 1991

Kneschke, Ernst Heinrich: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon. 9 Bde. Leipzig 1859 ff.

Krieger, Albert: Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden. 2 Bde. Heidelberg 1898 - 1904

Lacroix, Emil et al.: Die Kunstdenkmäler der Stadt Baden-Baden. Karlsruhe 1942 (= Die Kunstdenkmäler Badens, Bd.11.1)

Mittelstraß, Tilman: Die Ritter und Edelknechte von Hettingen, Hainstadt, Buchen und Dürn. Niederadelige Personengruppen in Bauland und Kraichgau. Buchen 1991 (= Zwischen Neckar und Main. Schriftenreihe des Bezirksmuseums Buchen, Band 26)

Mone, Franz Joseph: Quellensammlung der badischen Landesgeschichte. 4 Bde. Karlsruhe 1848 - 1867

Moraw, Peter: Beamtentum und Rat König Ruprechts. In: ZGO 116 (1968), S.59 - 126

Moraw, Peter: Kanzlei und Kanzleipersonal König Ruprechts. In: Archiv für Diplomatik 15 (1969), S. 428 - 529

Neuwirth, Gustav: Geschichte der Gemeinde Kirchardt und der Ortsteile Berwangen und Bockschaft. Kirchardt 1978

Regg. Katzenelnbogen = Regesten der Grafen von Katzenelnbogen 1060 - 1486. Bearb. v. Karl E. Demandt. 4 Bde. Wiesbaden 1953 - 1957

Regg. MGf. = Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg 1050 - 1515. Hrsg. v. Bad. Hist. Kommission. Bearb. v. R. Fester u. H. Witte. Innsbruck 1892 ff.

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Rehm, Clemens / Krimm, Konrad (Hrsg.): Zwischen Fürsten und Bauern - Reichsritterschaft im Kraichgau. Sinsheim 1992 (= Heimatverein Kraichgau, Sonderband 8)

Rhein, Stefan (Hrsg.): Ritter im Kraichgau - zwischen Fürsten und Bauern. Aachen 1990 (= Ausstellung ÏLeben im KraichgauÎ, Begleitheft 4)

Seeliger, G.: Das deutsche Hofmeisteramt im späteren Mittelalter. Innsbruck 1885

Siebmacher, Johann: Großes und allgemeines Wappenbuch. Nürnberg 1772 (reprograf. Nachdruck Neustadt a.d.Aisch)

Spieß, Karl-Heinz: Das älteste Lehnsbuch der Pfalzgrafen bei Rhein vom Jahr 1401. Edition und Erläuterungen. Stuttgart 1981 (= Veröffentl. d. Komm. f. geschichtl. Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A, Quellen, 30. Band)

Toepke, Gustav: Die Matrikel der Universität Heidelberg von 1386 bis 1662. Bd.1: Von 1386 - 1553. Heidelberg 1884

UB Heilbronn = Urkundenbuch der Stadt Heilbronn. 4 Bde. Stuttgart 1904 - 1922 (= Württembergische Geschichtsquellen Bde. 5, 15, 19 u. 20)

UB Hessen = Hessische Urkunden. Aus dem Großherzoglich Hessischen Haus- und Staatsarchive zum Erstenmale hrsg. v. Ludwig Baur. 5 Bde. Darmstadt 1860 - 1873

UB Mosbach = Mosbacher Urkundenbuch. Stadt und Stift im Mittelalter. Bearb. v. Konrad Krimm unter Mitarbeit von Hans Schadek. Elztal-Dallau 1986

Weech, Friedrich von: Das Reißbuch anno 1504. Die Vorbereitungen der Kurpfalz zum bairischen Erbfolgekriege. In: ZGO 26 (1874), S. 137 - 265

Weech, Friedrich von: Die Lehenbücher der Kurfürsten und Pfalzgrafen Fredrich I. und Ludwig V. Karlsruhe 1886

     


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